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  Adidam Adi Da
  Uebersicht
  Adi Da und Adidam
Adi Da Samraj wechselt - entsprechend dem momentanen spirituellen Stand seiner Bewegung - seinen Namen und denjenigen seiner Schülergemeinde oft und gerne. Er nannte sich früher auch Bubba Free John, Da Free John, Dau Loloma, Da Love-Ananda, Da Avadhoota, Da Kalki, Santosha Da, Da Avabhasa, Adi Da. Zurzeit ist er mit vollem Titel Ruchira Avatar Adi Da Samraj. Seine Gemeinschaft wechselte von „The Dawn Horse Communion“, „The Crazy Wisdom Fellowship“, „The Johannine Daist Communion“, „Advaitayana Buddhist Communion“, „The Free Daist Communion“ zu „The Way of the Heart“ und „Adidam.“

Geboren wurde Adi Da als Franklin Albert Jones am 3. November 1939 in Long Island, New York. Sein Vater handelte mit Fenstern.
Als Kind fühlte er - so will es seine Hagiographie -, wie eine göttliche Energie, eine „strahlende Helle“ von oben her in seinen Körper drängte und in diesem Körper Raum zu gewinnen suchte. Manchmal drückte ihn diese göttliche Kraft wie mit „Daumen“ so intensiv, dass seine Kehle anschwoll und er kaum mehr atmen konnte. Adidam ist der Prozess und die Gemeinschaft, mit deren Hilfe er die göttliche Energie und „strahlende Helle“ nun mit Daumendruck auf die Stirn seiner Schüler überträgt. Diese Kraftübertragung, eine Art Shaktipat, wie er sie bei indischen Vorbildern kennen gelernt hatte, macht den Schüler zwar nicht dem Meister gleich. Die Erfahrung des Meisters ist einzigartig und nicht wiederholbar. Und doch kann der Schüler durch Adidam an der Erfahrung des Meisters teilnehmen.

Nicht immer aber hatte die „strahlende Helle“ den Meister völlig erfüllt. Im zarten Alter von zwei Jahren verzichtete er in „schmerzvoller Liebe“ für die lichtfernen, unerleuchteten und leidenden Menschen für die nächsten dreissig Jahre auf das umfassende Erfülltsein mit der göttlichen Energie und wurde - um die Menschen zu verstehen und sie zu ihrer Quelle zurückzuführen - zum Menschen wie sie.

Während seines Studiums der Philosophie am Columbia College und der englischen Literatur in Stanford enthüllte sich ihm die Einsicht, dass die Wahrheit immer schon ist, und dass die Suche nach der Wahrheit uns hindert, die Wahrheit zu erleben. Gefördert wurde diese Erkenntnis wahrscheinlich auch durch seine Begegnung mit Rudi (Swami Rudrananda) und mit dessen Meister, Swami Muktananda. Er besuchte Muktananda drei Mal in Indien. Muktandanda soll ihm auch die Lehrbefugnis erteilt haben. Im Ashram von Swami Nityanda in Ganeshpuri wurde ihm aber die Erkenntnis zuteil, dass er keine menschlichen Meister mehr brauchte. Nun sah er sich direkt von der Göttin oder dem göttlich Einen berufen und geführt. Die Göttin führte ihn nun von Indien zuerst durch die „heiligen Orte“ Europas und dann nach Los Angeles, wo er im Tempel der Vedanta Society zu meditieren begann. In diesem Tempel fand er am 10. September 1970 in der Einsicht, dass ihm nichts fehlte, um vollkommenes Bewusstsein zu sein, in die „strahlende Helle“ und göttliche Einheit zurück, aus der er sich als kleines Kind seinerzeit selbst zurückgezogen hatte.

Bis 1986 versuchte er als Lehrer westlichen Schülern dieses Erfülltwerden mit Licht und diese Heimkehr ins göttliche Eine zu ermöglichen. Kein einziger Schüler fand aber zu wirklich analogen Erfahrungen. Alle blieben irgendwo in ihrem Ego gefangen. War der Meister an seiner Aufgabe gescheitert? In einem schmerzhaften Erleben, das äusserlich einer Ohnmacht glich, wurde ihm am 11. Januar 1986 nicht nur bewusst, dass der Prozess der Herabkunft der göttlichen Kraft in seinem eigenen Leben bisher noch nicht abgeschlossen war. Er erlebte auch, wie die strahlende Helle nun seinen ganzen Körper und sein ganzes Wesen erfüllte und ihn befähigte, die ganze Menschheit zu umarmen, nicht in erster Linie, um sie in die Nachfolge und Schülerschaft zu führen, sondern einfach um sie zu segnen. Seither versteht sich Adi Da als Quelle des Segens für seine ganze Umgebung, nicht nur durch seine Belehrung, sondern allein schon durch sein meist durch seine Umgebung abgeschirmtes Sein. Noch deutlicher als in den frühen Jahren ist Adi Da nun für seine Devotees die Inkarnation Gottes schlechthin, der verheissene Gott-Mensch, der in der Spätzeit der Menschheit die verirrten Wesen zurückführt zu ihrem Grund. Er schränkte seine Lehrtätigkeit und seine öffentlichen Auftritte bewusst ein und lebte sein Sein, von dem nun allerdings immer mehr Schriften und Fotoserien kündeten. Die ca. 70 Schriften von Adi Da gelten als Enthüllung tiefster Einsicht und auch die Fotoserien, die der Meister seit einigen Jahren mit viel Sinn für Überblendungseffekte zusammenstellt, sind im Sinne des Meisters nicht bloss Fotographien, sondern „offenbarende Kunst“, Strahlen aus dem göttlichen Licht und Tore ins göttlich Eine, das er beispielhaft und vollgültig verkörpert.

Der Meister lebt seit 1983 mit dem innersten Kreis seiner Schüler auf der Insel Naitauba (sprich: Naitamba) in Fiji. Er besucht aber hie und da noch seine wichtigsten Ashrams in Nordkalifornien und auf Hawaii, sowie die zumeist eher kleinen Schülergruppen in Westeuropa, Südafrika, Indien und Australien, Neuseeland und Japan. Mitteleuropäische Adidam-Gruppen (Schülergruppen von Adi Da) finden sich in Wien, Berlin und Hamburg. Die Bewegung selbst rechnet zur Zeit mit weltweit 2 000 Mitgliedern.

Ehemalige Schüler des Meisters bedauern nicht nur die früheren wilden und nicht selten verletzenden Prozesse in der Gemeinschaft. So startete Adi Da 1974 das „sexuelle Theater“ mit Partnertausch, mit Orgien und mit der Produktion pornographischer Filme. Manche verliessen anschliessend den - wie er sich selber nannte - „gefährlichen Lehrer“ traumatisiert oder existenziell ruiniert. Der Meister versuchte am Ende dieser provokativen Phase sein eigenes Verhalten nicht als Ausdruck seines Wesens, sondern im Stil schockierend-„verrückter“ tibetischer Meister als provokativ-hilfreiche Spiegelung des Wesens der Schüler und damit als Hilfe zur Selbsterkenntnis zu erklären. Kritiker warfen dem Meister auch in späterer Zeit vor, dass er Wasser predige und Wein trinke, dass er z.B. Opferbereitschaft lehre und die Finanzen der Gemeinschaft hemmungslos für eigene Wünsche einsetze, dass er die Schüler vor Drogengebrauch warne und selber Drogen konsumiere, dass er sich nicht an die von ihm selber vorgeschriebene Diät halte, dass er den Zugang zu seiner Person nur besonders angepassten und gehorsamen Schülern erlaube und so einen eigentlichen Kult um seine Person aufbaue, dass er alle Menschen umarmen möchte und manchen Schülern erniedrigende Szenen zumute. Auch seine früher erwähnten „neun Frauen“ - inzwischen sind es nur noch zwei, mit denen er zudem keine sexuelle Beziehung mehr pflege - passten schlecht ins Bild eines überzeugenden spirituellen Meisters. Zu den schmerzhaftesten Erkenntnissen ehemaliger Schüler gehört die Einsicht, dass kein einziger Schüler nach über 30 Jahren Adidam, trotz einer zeitintensiven und alle Lebensbereiche betreffender Praxis, in den vom Meister nach eigenen Aussagen ständig erfahrenen und für seine Schüler angestrebten Zustand gefunden hat.

Den aussenstehenden Beobachter irritiert vor allem das ins Unendliche gesteigerte Selbstbewusstsein des Meisters, das ihn zwingt, von seiner Umgebung primär Verehrung und Hingabe zu fordern. Die Verehrung impliziert regelmässige, rituelle Bekenntnisse zu seiner Göttlichkeit, die tägliche Meditation vor seinem Bild. Zur Hingabe gehört das tägliche Studium seiner Schriften, eine regelmässige Spende an die Gemeinschaft von 10-15% des Einkommens und den Besuch der häufigen Gruppenmeetings. Der Aussenstehende fragt sich: Ist angesichts dieses Selbstbewusstseins persönliche spirituelle Führung und persönliche Entwicklung überhaupt noch denkbar? Erstickt nicht jeder Ansatz zu echter wechselseitiger Kommunikation sofort im unbedingten Anspruch des Meisters und der ebenso unbedingten Hingabe der Schülerschaft? Die strahlende Helle raubte nicht nur dem kleinen Franklin Jones beinah den Atem. Wer sich soviel Absolutheit ausliefert, hat auch heute kaum mehr Luft, um als eigener Mensch zu atmen. Nur nebenbei bemerkt: Die Rolle göttlichen Meisters scheint vielen modernen Vertretern ganz allgemein schlecht zu bekommen. Macht - sagt man - verdirbt den Charakter. Wenn dem so ist, dann führt Göttlichkeit, d.h. geballte spirituelle Macht, nicht selten Meister und Schüler in die moralische Katastrophe.

Georg Schmid, 2006
Letzte Aenderung 2006, © gs 2006, Infostelle 2000
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