Evangelische Informationsstelle: Kirchen - Sekten - Religionen

Freie Missionsgemeinden

 

Geschichte

Die Freien Missionsgemeinden (FMG), zusammengeschlossen in der Vereinigung Freier Missionsgemeinden (VFMG), haben sich im Jahr 1967 aus einer Abspaltung vom Evangelischen Brüderverein gebildet. Im 1909/1914 von Fritz Berger (1868-1950) gegründeten Brüderverein ergaben sich in den sechziger Jahren Spannungen zwischen einem konservativen Flügel, welcher an Bergers Lehren und detaillierten Vorschriften fürs Leben als Christ festhalten wollte, und einer offeneren Richtung, deren Absicht es war, den Brüderverein von Sonderlehren und Gesetzlichkeit zu entschlacken und zu einem Verband autonomer, missionarischer und evangelikaler Gemeinden umzuformen.

In den Auseinandersetzungen sammelte sich der offenere Flügel um den 1914 geborenen Primarlehrer Peter Zürcher aus Sonnenberg, der damals als Evangelist und Komitee-Mitglied im Brüderverein eine wichtige Position einnahm. Eine Verständigung der beiden Richtungen war nicht möglich, weshalb sich der offenere Flügel des Brüdervereins vom Verein trennte und sich am 1. November 1967 als Vereinigung Freier Missionsgemeinden konstituierte. Die Zahl der Gründungsgemeinden betrug rund 20.

Die Präsidentschaft des Verbandes hatte von 1967 bis 1985 Peter Zürcher inne, seit 1985 ist Samuel Moser Präsident der VFMG.

(Zur Geschichte des Brüdervereins, dessen Lehren und der Vorgeschichte der Abspaltung der VFMG siehe unseren Artikel über den Evangelischen Brüderverein).

 

Organisation

Die Vereinigung Freier Missionsgemeinden verfügt nach den bisherigen Statuten, die im Moment allerdings in Ueberarbeitung sind, als legislatives Organ über einen Aeltestenrat, der aus Delegierten der Lokalgemeinden zusammengesetzt ist und sich (noch nach dem Brauch des Brüdervereins) zweimal jährlich trifft.

Der Aeltestenrat wählt einen neunköpfigen Vorstand, der monatlich zusammenkommt und die Leitung des Verbandes innehat. Vorsitzender des Vorstandes ist der Präsident.

Die Lokalgemeinden, die zum Teil nach dem Sprachgebrauch des Brüdervereins noch "Versammlungsplätze" heissen, werden von einem jeweiligen lokalen Vorstand geleitet, dem zwei bis drei Aelteste und weitere Vorstandsmitglieder angehören. Einer der Aeltesten tritt als Gemeindeleiter gegen aussen in Erscheinung. Intern kommt den Aeltesten derselbe Rang zu.

Vom Verband angestellt sind die Prediger, im Moment 27, die zumeist im Vollzeitdienst in den lokalen Gemeinden zum Einsatz kommen. Die Verteilung der Prediger auf die Gemeinden wird, dies ein Erbe des Brüdervereins, vom Verband im Wanderprediger-System vorgenommen. Die einzelnen Prediger haben so wechselnde Einsatzorte und bedienen, da die Zahl der Prediger geringer ist als diejenige der Gemeinden, zumeist mehrere Gemeinden. Die gegenwärtige Strukturreform hat u.a. zum Ziel, von diesem Wanderprediger-System abzurücken und eine Autonomie der Gemeinden in der Bestellung ihrer Prediger zu gewährleisten. Damit würde sich die VFMG stärker an die Gepflogenheiten anderer Verbände, etwa des Bundes FEG, annähern.

Der Ausbildungsgang der Prediger ist verschieden, z.T. verfügen sie über einen STH-Abschluss, z.T. haben sie eine Ausbildung bei der Chrischona absolviert oder die Bibelschule Beatenberg besucht.

Sämtliche Amtsträger in den FMG sind Männer. Eine Zulassung von Frauen zu den obigen Aemtern steht für die FMG nicht zur Diskussion.

 

Die Lehre der VFMG

Die VFMG verfügt, im Gegensatz etwa zum Bund FEG, über ein für alle Gemeinden verbindliches Bekenntnis. Dieses Bekenntnis enthält Aussagen reformatorischen und evangelikalen Christentums, wobei die Heilsaneignung in vier Schritte gegliedert ist: Busse, Bekehrung, Wiedergeburt und Heiligung. Das entscheidende Ereignis ist hierbei die Wiedergeburt. Als Christen gelten alle Wiedergeborenen unabhängig von ihrer Gemeindezugehörigkeit, und diesen, aber nur diesen wird die ewige Seligkeit zuteil werden.

Während die Trennung von Bekehrung und Wiedergeburt ein Erbe der Lehre des Brüdervereins darstellt, läuft die nachgesetzte Heiligung dem Denken Fritz Bergers genau entgegen. Bei Berger erfolgt die vollständige Heiligung gerade im Ereignis der Wiedergeburt. Seine Ablehnung der Lehre der Notwendigkeit einer allmählichen Heiligung als Prozess hat Berger zu seiner Trennung von der Evangelischen Gesellschaft motiviert. Dass der Flügel um Peter Zürcher nun genau diese vom Brüderverein abgelehnte Lehre wieder einführte, war einer der Spaltungsgründe im Jahr 1967.

Im weiteren lehren die FMG ein evangelikales Christentum, wie es an den Ausbildungsstätten der FMG-Prediger vermittelt wird. Eine kurze Darstellung des Evangelikalismus in heutiger Gestalt liefert unser Artikel über die Hauptthemen evangelikaler Theologie.

Die Lehrunterschiede zu anderen Verbänden mit evangelikaler Lehre, etwa dem Bund FEG, den heutigen Evangelischen Täufergemeinden ETG oder der Pilgermission St. Chrischona, sind gering resp. für den durchschnittlichen Gottesdienstbesucher kaum wahrnehmbar.

 

Auslandmission

Besonderer Arbeitsschwerpunkt der VFMG ist die Auslandmission, dies eine Differenz zu anderen evangelikalen Verbänden. Die VFMG ist insbesondere in traditionell katholischen Ländern aktiv, so namentlich in Oesterreich, wo unter dem Namen Volksmission Oesterreich fünf Gemeinden bestehen, in Italien und in Frankreich.

Diese Betonung der Mission stellt eine Umsetzung des missionarischen Anspruchs dar, der aus der Namensgebung der Gemeinden folgt.

 

Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden

Die vom offeneren Flügel des Brüdervereins um Peter Zürcher gewünschte Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden war einer der Trennungsgründe vom Brüderverein. Deshalb wird diese Zusammenarbeit von den FMGs heute betont.

Die VFMG steht in engem Kontakt mit dem Bund FEG und der Pilgermission St. Chrischona. Die lokalen FMGs wirken zumeist bei den Aktivitäten der lokalen Evangelischen Allianz mit.

Die VFMG ist Mitglied des Verbandes evangelischer Freikirchen und Gemeinden in der Schweiz (VFG).

 

Verhältnis zu charismatischen Elementen in Lehre und Praxis

Gegenüber charismatischer Theologie und Praxis bestehen in den FMGs zum Teil erhebliche Vorbehalte, dies nicht zuletzt bedingt durch die scharfe Ablehnung jeglicher pfingstlicher Lehren durch Fritz Berger und den Brüderverein. So bestehen in der Durchführung von Anbetungszeiten und in der Offenheit für charismatische Gabentheologie zwischen den einzelnen FMGs je nach deren Prägung erhebliche Unterschiede. Dem Vernehmen nach sind diese Elemente aber "im Kommen", was wohl auch damit zu tun hat, dass Anbetung und Gabenlehre die "Schwesterverbände" Bund FEG und Pilgermission St. Chrischona mittlerweile fast durchgängig erobert haben. Seitens der VFMG würde hier durch ein Beiseitestehen ein neuer Graben aufgerissen.

 

Mitglieder

Der VFMG gehören im Moment rund 60 Gemeinden an. Deren Mitgliederzahl, die nicht zentral erhoben wird, wird vom Verband auf rund 4000 geschätzt. Die Zahl der Prediger beträgt 27.

 

Georg Otto Schmid, 1998


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