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  Heinz Grill Yogaschule Heinz Grill
  Uebersicht
  Die Kirche und ihr geistiger Weltenzusammenhang
Heinz Grill, Soyen, 1996, ISBN 3-9804230-3-4
Heinz Grill ist in der letzten Zeit vermehrt mit dem Sekten-Vorwurf konfrontiert worden und hat sich dagegen gewehrt. Für ihn hat seine Yoga-Schule nichts mit "Sekte" zu tun und ist mit dem christlichen Glauben sehr wohl vereinbar.

Dass Eigenwahrnehmung und die Wirkung auf die anderen oft sehr weit auseinanderliegen, beweist die Schrift "Die Kirche und ihr geistiger Weltenzusammenhang", in der Grill sein Verständnis von Spiritualität und Kirche darstellt.

Die Schrift ist, wie die andern Schriften Grills auch, aus einem frei gesprochenen Vortrag heraus entstanden, den Grill aus seiner inneren Schau frei gehalten hat. Er beginnt mit einem aufschlussreichen Gebet:

"... Erhöhe all jene Bescheidenen, die in ihrem Amte das Gute erwählt haben, und nehme die Versuchung baldmöglichst von all denen, die glauben, in Deinem Namen zu sein und es doch nicht sind."

Die ganze Schrift ist geprägt von dieser Haltung. Es wird selbstverständlich angenommen, dass der Autor zu den Bescheidenen gehört, die das Gute erwählt haben, während viele andere, insbesondere natürlich Kritiker zu denen gehören, welche nur wähnen in "Seinem Namen" zu sein. Schlimm an dieser Haltung ist nicht die unterschiedliche Interpretation, sondern die Urteilsbefugnis des Autors, der sich anmasst, darüber zu urteilen, ob jemand in Gottes Namen seine Arbeit verrichte. Es würde ja auch keinem Kritiker Grills einfallen, ihm seine Religiosität und seinen Glauben abzusprechen. Wenn Kritik geübt wird, dann an solcher Verabsolutierung, welche in unterschiedlichen Übergriffen durch den ganzen Text hindurch anzutreffen sind.

Einleitung
Grill unterscheidet in der Einleitung zwischen der Institution der Kirche und dem mystischen Leib Christi. Er stellt fest, dass diese beiden niemals identisch seien - was sicher niemand bestreiten wird. Die Unterscheidung beruht für ihn allerdings darin, dass der mystische Leib mit einer übersinnlichen Sicht verknüpft wird, welche der reinen Erkenntnis entspreche, während die Institution immer aus zweiter Hand der Reflexion und Interpretation heraus lebe. Das heisst also, dass die mystische Sicht über den Leib Christi, welche Grill aus seiner inneren Schau heraus hat, als die reine Erkenntnis gesehen wird.

"Die weise Intelligenz", welche laut Grill "die geistige Kirche des deutschen Volkes regiert, ist wie die Lilie auf dem Felde. Sie erscheint erhaben, leuchtend, edel und wissend" (S. 8). Die Lilie sei Zeugnis für eine Wahrheit in der Welt, die von Gott komme. Diese Qualität ordnet Grill der geistigen Kirche des deutschen Volkes zu, während er der Kirche des österreichischen Volkes die bläuliche Blume des Vergissmeinnichtes zuordnet. Sie sei eine Erinnerung an die Frömmigkeit und an die Dienstbereitschaft des Herzens.

Heinz Grill muss sich nicht wundern, wenn ein solches Denken für kritische Leser schon weit jenseits eines akzeptierbaren Umfeldes liegt. Die Verherrlichung des Deutschtums und rassistisches Gedankengut liegt von solchen Aussagen nicht weit entfernt.

Teil I
Im ersten Teil erläutert Grill nun sein Verständnis über die Kirche und ihren geistigen Weltenzusammenhang. Er sieht in der Institution die Tendenz aus Ideen und Konventionen heraus sich in den Weltenzusammenhang hineinzufügen. Dieses (menschlich) bedingte Einfügen in den Zusammenhang erachtet er aber nicht als sehr hilfreich und einer geistlichen Entwicklung förderlich. Gefordert sei vielmehr eine unbedingt gelebte geistige Mitte und ein tiefes Wissen über die Welt und die Gesetze der Spiritualität. In der Kirche sieht er eher "fixierten Glauben", währenddem er in seiner Yoga-Schule "gelebten Glauben" wahrnimmt. Als Begründung meint Grill: "Wenn der Glaube ein Glaube wäre, dann würde er in einer Weite, in einer grossen Dimension der Kraft nach aussen strahlen." Diese Strahlung kann er aber in den christlichen Kirchen wiederum nicht entdecken. Vielmehr ist dort Materialismus, Besitztum und Verteidigung des eigenen Reviers gegenüber Eindringlingen auszumachen (S.12).

Einen Ausweg findet man, wenn man geistig schauen kann, dann kann man einen Blick hinter die Kulissen tun und erkennen, dass es keine wirklich heilige Kirche gibt, weder in den Ätherwelten noch in den heiligen Dimensionen des Weltenkosmos. (S. 14)

Was diese Vorstellungen aus dem Umfeld anthroposophischen Denkens auch genau bedeuten mögen - die Aussage ist klar: Der Mensch trägt in sich die höchsten Kräfte. Wenn er gelernt hat die übersinnliche Sicht der reinen Erkenntnis wahrzunehmen, dann kann er auf der Erde Seelen oder Wesen binden und lösen. Diese Fähigkeit allerdings ist hier an die innere Schau Grills gekoppelt. Priester der kath. Kirche können diese Fähigkeit nicht haben, da sie "immer weiter in die passive Warte einer Art formgerechten Übermittlung rücken." (S. 15) Während Grill also für sich in Anspruch nimmt, die geistliche Autorität zur Bindung und Lösung zu haben, spricht er diese Fähigkeit den katholischen Priestern ab und verunglimpft sie als passive Vermittler einer "formgerechten" Botschaft. Deren "Tradition ist für die Zukunft mit der Entwicklung des Menschseins und der Menschwerdung im Geiste Gottes nicht mehr möglich" (S. 15). Dafür braucht es nun eben den gelebten Glauben in einer Synthese von Gott und Individuum. Diese Synthese sieht Grill in sich vorhanden. In seiner Yoga-Schule bietet er den Weg zur Selbstwerdung an, der zur Einheit mit dem Christus Gottes im Heiligen Geiste führt.

Im folgenden Abschnitt (ab S. 16) beklagt Grill, dass die Synthese von Glaube und Realität oder von Ideal und Individualität heute etwas nahezu Unfassbares geworden sei. Abhilfe findet man wiederum bei ihm: "Je grösser die innerste Vision und das innerste Rückgrat zur Unterscheidung ist, desto mehr ist ein Individuum fähig, in die Weltengeheimnisse hineinzudringen." (S. 17) Der so aus der reinen Schau heraus veredelte Verstand kann die Geheimnisse aus der Materie herauslesen.

Da diese Schau ja letztlich Kenntnis der göttlichen Dimension gibt, erscheint es auch folgerichtig, dass Grill nun diese Fähigkeit des Menschen zur inneren Schau, seine Selbstkraft, verbindet mit der Objektivkraft. Der wahrhaft Schauende vermittelt entsprechend die wahre objektive göttliche Kraft. In den Kirchen kann er wiederum nicht sehr viel von dieser Kraft vorfinden. Dort würden Entscheidungen eher aus Gründen der eigenen Sicherheit getroffen und der gelebte Glaube als Ketzerei ausgegrenzt. Der Kirche wird die Fähigkeit abgesprochen, einen geistig sinnvollen Dienst zu tun: "Die Kirche ist derzeit aus Unwissenheit über ihren praktisch zu leistenden exoterischen Glaubensdienst und einen fehlenden Sinn für die zeitgemässe geistige Verkündigung durch Heilige nicht zu einer wirklich fundierten seelsorgerischen Arbeit fähig." (S. 25).

Für die Synthese von Geist und Leben bedarf es der Synthese von Individualität, Ideal und materiellem Sein mit der Wirklichkeit der Gegenwart. Dieses Eingehen des Individuums in den Weltenzusammenhang nennt der Hinduismus Dharma. Offenbar wird diese Sicht nun aber nicht durch die innere Schau. Diese Einsicht ist in der Philosophie der Bhagavad Gita angelegt und wird im Yoga-Weg praktiziert. Hier wo's ihm nützlich ist, kann Grill also durchaus auf Reflexion und vorgeformtes Wissen rekurrieren. Für ihn kann "Dharma" nahtlos in den christlichen Kontext eingefügt werden, "es verfälscht den christlichen Ursprungszusammenhang von Gottes Wille, Vorsehung und Auftrag nicht." (S. 27). Währenddessen aber ist die Kirche nicht in den heiligen Himmeln zu finden, weil sie bisher ihren Auftrag noch nicht ausreichend erkannt, verwirklicht und erfüllt hat.

Teil II
Der zweite Teil versucht das im ersten Teil Gesagte anhand einiger praktischen Beispiele zu veranschaulichen und zu verdeutlichen.

Aus der wahren Schau heraus entsteht ein subtiles Unterscheidungsvermögen und eine realistische Empfindung für das kraftvolle Wort des Evangeliums. Leider, meint Grill, ist heute kein Empfinden für das inliegende Wesen des Wortes mehr vorhanden. Vielmehr sei eben das Wissen aufgeladen von Ideen, Gefühlen oder Sehnsüchten, nicht von innerer, geistiger und reiner Erkenntnis.

Zur Veranschaulichung dieser These nimmt Grill einen Text des Zweiten Vatikanischen Konzils aus der Konstitution "Kirche und Welt". Weil das Dokument sich auf ein Ideal hin ausrichte, sei das Bemühen zum vornherein zum Scheitern verurteilt. Reflektierendes Denken könne keinesfalls zur wirklichen heiligen Gemeinschaft führen. Diesem interpretativen Denken müsse das imaginative, erfühlende und wahrnehmungsfähige Denken entgegengestellt werden. Dieses Denken finde sich im Evangelium, das aus der Himmelsdimension komme und welches sich in der geistigen Schau unmittelbar erkennen lasse (S. 32).

Seine Aussagen zeigen deutlich, dass Grill nicht fähig ist, wahrzunehmen, wie er seine innere erschaute Erkenntnis ebenso mit dem überlieferten, interpretativen Glaubensgut verknüpft. Dort wo es zu seiner "Lehre" passt, wird es zur inneren Schau und erhält autoritativen Charakter, dort wo es seine Lehre eher in Frage stellt, wird es als Ausdruck reflektierender Erkenntnis der kirchlichen Institution zugeordnet. Diese Sicht gipfelt in der Beurteilung des Konzilstextes als eines Textes, der eine falsche Synthese herstelle zwischen dem Ausserirdischen und dem Irdischen. Es würden Gott und Sünde als dualistische Pole einander gegenüber gestellt, während sich die reale Substanz des heiligen Wortes jeder Dualität entziehe. Zwar billigt Grill dem kirchlichen Bemühen höchste moralische Stufe zu, meint aber doch, dass der Text im Dualismus gefangen sei und mit der nicht-dualistischen reinen Ebene des Evangeliums verschmelze. Dabei bleibt offen, wie denn die Ver-schmelzung der reinen Erkenntnis und der inneren Schau des Heinz Grill sich dieser Dualität entziehen kann. Bei ihm muss die Frage nach Göttlichem und Menschlichem in ihrem Zusammenspiel sicher ebenso nachdrücklich gestellt werden.

Der betrachtete Text befasst sich mit dem Sterben des Menschensohnes (Johannes 12, 20-36). Anhand des Begriffs "Fürst dieser Welt" erläutert Grill, wie er sich denn diese Wirklichkeit nicht-dualistisch vorstellt. Er meint, dass die Jünger ebenso wie heute viele Menschen keinen Fortschritt im Glauben machten. Jesus musste ihnen also seine tiefe Sicht vermitteln. Dabei handelt es sich um gnostische Vorstellungen, welche Grill hier am Bibeltext festmacht:

Die Jünger sind verunsichert, keiner weiss so recht, was vor sich geht. Da müssen sie lernen, zu erfühlen und tief in die christlichen Geheimnisse einzudringen, was sie aber nur tun können aus der gelebten Erfahrung heraus. Im Gewahrsein aus Imagination und geistigem Schauen heraus werden sie sehen, dass die "Erhöhung" Christi darin besteht, dass die Seele den Körper verlässt und in andere Dimensionen vorstösst. "Damit das Mysterium Christi in ein reales Erleben rückt, bedarf es eines inneren Aufstieges in eine Ebene, die wahrhaftig feiner, reiner und von den irdischen Fesseln losgelöst ist." (S. 39) Der Fürst dieser Welt, der hinausgeworfen werden muss, ist entsprechend nicht etwa der "Böse", sondern jene Ursünde, dass der Mensch sich selbst genügen will: "Der Fürst ist jene Macht, die im Menschen so sehr Besitz ergriffen hat: die Selbstidentifikation, aus der es kein Entrinnen gibt." (S. 40) Die wirkliche Person aber ist nicht jene Ich-Kraft sondern "meine Seele... sie gehört nicht in diese Welt, sie lebt gar nicht wirklich in dieser Welt, weil sie gar nicht von dieser Welt ist." (S. 44)

Die Art und Weise, wie Kirche und Konzil sich auf biblische Tradition berufen und sie zu leben versuchen, ist nach Grill eine "Verwickelung von Seelenrealität und menschlicher Sehnsucht nach Einheit. ... Diese Verschmelzung von Evangelium und menschlicher Idee, moralischer Idee, und Kirchenkonstitution benötigt eine Korrektur. ... Sie ist zum Scheitern verurteilt, weil in ihr der Wahrheitsanspruch lebt." (S. 46)

Spätestens hier sagt der kritische Leser, dass diese Aussagen für die Grillschen Gedanken ebenso zutreffen. Was er von der Kirche feststellt muss auf ihn selber zurückfallen, wenn er nicht mehr fähig ist, differenzierter und selbstkritischer seine Schau in die Beurteilungskriterien einzuschliessen:

"Jetzt haben wir aber die Kirche als die heilige römisch-katholische Kirche mit einer eigenen Identität. Wir haben ein Gebäude, das Heiligkeit für sich behauptet und somit Sicherheit darstellt, und das sich einen Wahrheitsanspruch im Irdischen nimmt ohne Zugehörigkeit zum Geistigen." (S. 47)

Als weiteres Beispiel entwickelt Grill den Unterschied zwischen der nicht mehr lebendigen Taufe der Kirche, da sie nicht mit Christus im Zusammenhang stehe und der in der Esoterik und bei ihm praktizierten Einweihung. Nur eben, die Kirche habe schon in der Vergangenheit die Unterscheidung allgemein zu wenig ausgebildet und die echten Heiligen zu wenig wahrgenommen, so etwa Pater Kentenich, Gründer der Schönstattbewegung, dessen Seligsprechung Rom bislang abgelehnt habe, sowie die Mystiker Bede Griffiths, Jakob Böhme und Rudolf Steiner.

Wenn man das Werk liest und das weitere Umfeld betrachtet, muss man zum Schluss kommen, dass die Sekten-Vorwürfe nicht mehr von der Hand zu weisen sind. Es ist die Aussage und Reaktion eines katholischen Pfarrers zutreffend:

"Ich denke, dass das Kind nun beim Namen genannt werden muss: Eine einerseits abstruse, ja doofe Lehre mit einem unerträglich arroganten und unserer Kirche feindlich gesinnten Selbstbewusstsein."

Die Konfrontation wird sich wahrscheinlich in naher Zukunft zuspitzen. Grill tritt nun auch öffentlich auf mit dem Anspruch Krebs zu heilen. Einem Betroffenen, der die Zentrierung auf seine Person in Frage stellt hat er nichts anderes entgegenzuhalten, als dass er meint, "ihm wird sein irdisches Dasein genommen durch die Krankheit und ein himmlisches Dasein verwehrt, weil er so vielen Menschen mit seiner Politik unrecht tut."

Vor solchem Hintergrund muss nicht nur von Sekte gesprochen werden, sondern von einer krankhaften Selbstüberschätzung und -überhöhung von Heinz Grill, welche darin gipfelt, dass er seine Yoga-Schüler durch diese Lehre in extremer Form an seine Person bindet. Psychologisch betrachtet ein klassischer Fall von ausgelebten Omnipotenz-Phantasien, welche durchaus minderwertsüchtige Sucher in ihren Bann zu ziehen vermögen.

Es ist leider auch Zeichen der grösser werdenden Sekten-Tendenz, dass Grill nicht fähig scheint, konstruktiv mit Anfragen und Kritik umzugehen. So muss ich meine gemässigte Kritik einer früheren Beurteilung korrigieren.

Martin Scheidegger, 1998
Letzte Aenderung 1998, © ms 1998, Infostelle 2000
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