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  Missionswerk Mitternachtsruf
(Kurzfassung, zum Nachweis im einzelnen s. den ausführlichen Artikel)

Gemeinschaften, die von einem ganz nahen Weltende ausgehen, finden sich am Rande jeder Religion, jeder spirituellen Tradition. In der öffentlichen Diskussion dominieren zwar die sogenannten "Neuoffenbarer"-Gemeinschaften, bei welchen ein neuer Messias oder eine Prophetin Weltendsbotschaften schrill und medienwirksam von sich geben, was aber die zahlenmässige Wirksamkeit in der Bevölkerung anbelangt, sind stillere Gemeinschaften weit einflussreicher. Als Beispiel einer solchen zurückhaltenderen, aber ungleich bedeutungsvolleren Weltendsgemeinschaft sei hier das Missionswerk Mitternachtsruf kurz dargestellt, welches insbesondere ein evangelikales Publikum anzusprechen versucht. Es tut dies, wenn wir die Gesamtauflage der Zeitschrift Mitternachtsruf von 140 000 Exemplaren zugrunde legen, mit einigem Erfolg. Die Verbreitung der Bücher von Wim Malgo (1922-1993), dem Gründer des Missionswerkes, und von Norbert Lieth (1955-), dessen publizistischem Nachfolger, wird ähnlich hoch sein.

Israel - das Zeichen an der Wand
Wim Malgo, ein 1922 geborener Holländer, welcher nach dem Zweiten Weltkrieg die Bibelschule Beatenberg besuchte und 1955 in der Schweiz das Missionswerk Mitternachtsruf begründete, war durch die Gründung des Staates Israel 1948 stark geprägt. Wie manche andere evangelikale Autoren sah Malgo in diesem Ereignis eine Erfüllung biblischer Prophezeiungen. Malgo folgerte hieraus, dass wir uns in der Endzeit befinden, in welcher die Ereignisse, die in der Johannes-Offenbarung und im Daniel-Buch geschildert werden, alsbald geschehen würden. Israel ist das "Zeichen an der Wand", welches aufweist, wie weit die Weltenuhr fortgeschritten ist. Damit wird aber alles, was in und um Israel geschieht, für Wim Malgo relevant. Die Kriege, die Israel die besetzten Gebiete eintragen, führen zur "Vergrösserung Israels", bis ein Gross-Israel entstanden sein wird, dessen Grenzen am Euphrat und in der arabischen Wüste liegen. Dieser Prozess ist nach Ansicht Wim Malgos bedingungslos zu befürworten, ein Christ hat ein "glühender Zionist" zu sein; und die arabische Bevölkerung (auch die christliche), die die Gebiete Gross-Israels heute noch besiedelt, hat zu weichen, da dieses Land Israel versprochen ist. Jeder territoriale Fortschritt bei dieser Entstehung Gross-Israels ist ein weiterer Schritt des Zeigers auf der Weltenuhr.
Das prophetische Wort - Orakel der Tagespolitik
Die Gründung des Staates Israel beweist für Wim Malgo, dass die Endzeitereignisse, wie sie in der Bibel beschrieben werden, nun angefangen haben. Damit werden die prophetischen Texte der Bibel, das "prophetische Wort", wie Malgo es nennt, für die Christenheit bedeutsam. Die Abläufe der Tagespolitik entsprechen nun, so die Folgerung Wim Malgos, dem, was im "prophetischen Wort" für die Endzeit vorgegeben ist. Und was noch kommen wird, das ist ebenfalls dort zu erfahren. So wird das prophetische Wort zum "Orakel", das uns die weiteren politischen Entwicklungen nennen kann, allerdings zu einem "verschlüsselten" Orakel, das erst entziffert sein will. Dieses, die Dechiffrierung prophetischer Aussagen der Bibel und deren Anwendung auf die Tagespolitik ist denn das Verfahren Wim Malgos in seinen Weltends-Büchern: So macht er allenthalben "Zeichen der Zeit" aus, Entwicklungen, die auf ein baldiges Weltende hinweisen, und sagt die weiteren politischen Geschehnisse anhand des "prophetischen Wortes" voraus. Schlussfolgerung von Malgos Büchern und Artikeln zwischen 1968 und 1992 (und von Norbert Lieths Schriften ab 1993) ist meist dieselbe: Das Weltende steht unmittelbar bevor.
Der Angriff der Sowjetunion auf Israel
Das Lieblingsthema Wim Malgos in seinen Endzeitbüchern ist neben der kontinuierlichen "Vergrösserung Israels" der immer unmittelbar bevorstehende Angriff der Sowjetunion und ihrer Verbündeten auf Israel. Dass ein solcher Angriff geschehen wird, folgert Wim Malgo aus Ezechiel 38f., wo von einem "Gog" aus dem "äussersten Norden" berichtet wird, der Israel überfallen werde. Wen auch immer Ezechiel mit diesem Gog gemeint haben mag, für Wim Malgo ist klar, dass dies nur die Sowjetunion sein kann, die mit ihren kommunistischen Verbündeten, darunter namentlich die DDR, in Israel einfallen und dabei eine furchtbare Niederlage einstecken wird. Wim Malgo beobachtete nun die politischen Entwicklungen und klopfte sie darauf ab, wie weit sie sich dahingehend deuten lassen, dass diese Attacke der UdSSR unmittelbar bevorsteht. Und Wim Malgo wurde fündig: 1968 spricht der Prager Frühling für einen baldigen Angriff, 1974 sind es weltweite Ufo-Sichtungen, im Jahr 1976 zeigt der Zypernkonflikt, dass die Türkei dabei ist, aus der NATO auszutreten und zusammen mit der Sowjetunion Israel anzugreifen, 1979 ist es die Entspannung zwischen den USA und China, die der UdSSR keine andere Wahl mehr lässt, als Israel zu besetzen, im Jahr 1980 folgert Malgo aus dem Afghanistan-Krieg, dass die Sowjetunion sogleich auch im Iran einmarschieren wird und von dort aus gegen Israel zieht, zwei Jahre später wird die UdSSR Israel gleich angreifen, weil dieses den Libanon besetzt hat, 1986 sind es der Konflikt zwischen den USA und Libyen sowie natürlich die Reaktor-Katastrophe in Tschernobyl, die die Sowjetunion zum Angriff veranlassen, wogegen 1987 der Konflikt der UdSSR mit Südafrika auf den baldigen Einmarsch in Israel hindeutet. Im Jahr 1992 schliesslich ist es halt nicht mehr die Sowjetunion, sondern nun bloss Russland, das auf dem Sprung ist, Israel zu überfallen. Dass aber der Angriff unmittelbar bevorsteht, ist für Wim Malgo bis zu seinem Tod nicht fraglich.
Die zunehmende Europäisierung der USA - der Antichrist
Nach dem Angriff Gogs, also der Sowjetunion, wird nach Ansicht Wim Malgos der Antichrist auftreten und sein Weltreich begründen. Dieses Weltreich ist nun, wie Malgo meint, schon im Aufbau begriffen. Seine Zentrale wird es in Rom haben, und sein Kern wird Europa sein. Aber auch die USA werden sich diesem Reich anschliessen, weshalb Malgo voraussagt, dass die USA immer europäischer werden, ja sich von Europa "gleichschalten" lassen, und mit der Zeit zu einem römisch-katholischen Land werden. Dass der Antichrist, der nach Wim Malgos Ansicht übrigens ein Jude ist, schon unter uns weilt, ist für Malgo nicht fraglich. Sogar des Antichristen Geburtsdatum meint Malgo zu kennen: es ist der 3. Februar 1962.
Konkrete Weltendsdaten
Auch ansonsten ist Wim Malgo konkreten Daten gegenüber nicht abgeneigt, auch wenn er sie nur mit Vorbehalt äussert. So terminiert er im Jahr 1979 aus astrologischen Gründen das Weltende auf den Frühling 1982. Und 1986 weist er als mögliches Weltendsdatum auf den Mai 1988 hin, den 40. Geburtstag Israels. Norbert Lieth erbt seines Vorgängers Neigung zu Rechnungen: 1993 meint Lieth, dass im Jahr 2000 der Auftritt des Antichristen schon vorbei wäre, was einen Beginn der Weltendsereignisse um 1995 erfordern würde. Und 1997 spielt Lieth auf das Jahr 2000 als mögliches Datum des Beginns der Weltendsereignisse an. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass sowohl für Wim Malgo als auch für Norbert Lieth der Beginn der Endzeit immer etwa zwei drei Jahre in der Zukunft liegt. Warum nicht näher? Weil vorher noch etwas geschehen muss: Die Entrückung, die Hinwegnahme der Gläubigen von der Erde.
Die Türe der Arche beginnt sich zu schliessen
Die Entrückung steht unmittelbar bevor. Die Gläubigen werden nächstens in den Himmel geholt, bevor hienieden die apokalyptischen Ereignisse anbrechen. Damit wird aber auch klar, dass die Endzeitbotschaft weder für Wim Malgo noch für Norbert Lieth eine Spielerei ist. Es geht darum, der Leserschaft zu zeigen, dass jetzt die letzte Gelegenheit ist, durch den Spalt der sich schliessenden Archetür hineinzuschlüpfen. Wer jetzt nicht kommt, bleibt draussen. Und wie kommt die Leserschaft in die Archetüre hinein? Indem sie sich zu einem evangelikalen Christentum bekehrt und sich um Heiligung bemüht, das heisst um Vermeidung von Sünden und um ein Leben nach den Vorschriften der Bibel, wie Wim Malgo sie sieht. Dies beinhaltet auch Dinge, die über den Evangelikalismus hinausgehen, etwa: keine Hosen und keinen Haarschnitt für die Frauen, möglichst viele Kinder, keine Verhütungsmittel, aber auch: Einsatz und Spenden für Israel, etwa zur Verschönerung der Stadt Jerusalem, ein besonderes Anliegen Wim Malgos.
Die Reaktion auf Kritik
In den letzten Jahren ist das Missionswerk Mitternachtsruf wegen seiner verfehlten Prognosen zunehmend unter Druck gekommen. Es hat auch wirklich Pech gehabt: Weder hat sich die "Vergrösserung Israels" fortgesetzt (Israel hat im Gegensatz dazu viele der besetzten Gebiete nach und nach zurückgegeben), noch ist ein Angriff der UdSSR und der DDR auf Israel erfolgt, und von einer Europäisierung Amerikas ist nun wirklich nicht zu sprechen, ganz im Gegenteil. Der mittlerweile 36jährige Antichrist hat das Lebensalter Jesu auch schon überschritten. So wird nun gegenüber Wim Malgo der Vorwurf der falschen Voraussage laut, sehr zu recht natürlich. Wie wird Malgo gegen diesen Vorwurf verteidigt? Das Missionswerk räumt unumwunden ein, dass Malgo sich vielfach getäuscht hat, meint aber, dass sich durch diese falschen Voraussagen eines nahen Weltendes ja viele Menschen bekehrt und auf den Weg der Heiligung gemacht hätten. Folglich sei aus den falschen Voraussagen Gutes erwachsen. Angesichts dieser Argumentation kann nicht erstaunen, dass Norbert Lieth fortfährt, Voraussagen zu machen. Ob diese dann auch eintreffen, ist ja offensichtlich nicht so wichtig. Entscheidend ist die Wirkung, die die Weltends-Warnungen in der Leserschaft erzielen. Insofern ist leider davon auszugehen, dass Norbert Lieth weiterhin Prognosen abgeben und ein baldiges Weltende androhen wird.
Georg Otto Schmid, 1998
Letzte Aenderung 1998, © gos 1998, Infostelle 2000
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