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  Die Wicca-Bewegung
Teil 2 - Wicca-Lehren und ihre Historizität
Die Wicca-Bewegung ist eine rituelle, initiatorische, magische und symbolische Religion. Das Hauptgewicht liegt auf Handeln, nicht auf Lehre oder persönlichem Glaubensvollzug. Im Ritual wird die Wahrheit offenbar, sie wird erlebt, bevor sie geglaubt wird. Als initiatorische Religion kennt die Wicca-Bewegung Vorbedingungen für die Teilnahme am rituellen Handeln. Nicht jedeR ist auserwählt. Als magische Religion glaubt die Wicca-Bewegung an die Beeinflussbarkeit der physischen Realität durch magisches Handeln. Symbolisch ist die Wicca-Bewegung da, wo sie bei ihren Jahresfesten den Jahreskreislauf rituell nachvollzieht (im Gegensatz zu sog, traditionalen Religionen, welche den Jahreslauf - magisch gedacht - durch ihr Handeln in Gang halten).

Wer dieser Weltanschauung moderner Hexen nachgehen will, wird gleich zu Beginn seiner Bemühung mit einem Problem konfrontiert, das sich aber zum Glück alsbald wieder verflüchtigt. Das Hexentum sei, so betonen moderne Hexen unisono, keinesfalls eine geschlossene Bewegung. Jede Hexe könne lehren, glauben und tun, was sie wolle. Aeusserungen dieser Art lassen erwarten, dass das Hexentum eine enorm vielseitige Strömung darstellt. Dem ist aber, wie ein Blick in die einschlägige Literatur schnell zeigt, nicht so. Das Hexentum ist im Gegenteil eine gemessen an ihrer Grösse recht einheitliche Bewegung. Offenkundig wird die Lehrfreiheit des Hexentums nur wenig genutzt. Wer Hexe wird, übernimmt im Wesentlichen die vorgegebenen Grundvorstellungen und meist auch viele Details der Rituale. Damit stellt sich die Frage des Ursprungs: Woher kommen sie, die ideologischen Aussagen und die Ritualvorlagen, die den Grundstock des modernen Hexentums bilden? Die Antwort auf diese Frage ist unbestritten und höchst strittig zur selben Zeit. Unbestritten ist, dass das moderne Hexentum auf die Wicca-Bewegung und deren Gründer, den Engländer Gerald B. Gardner, zurückgeht. Höchst strittig ist die Frage, woher Gardner seine Ideen hat. Hat er sie aus diversen okkulten Lehren und nicht zuletzt aus dem Christentum zusammengestellt, wie es aussenstehende Religionswissenschaftler unter Berücksichtigung aller historischen Fakten für die einzige wissenschaftlich vertretbare Antwort halten, oder erhielt er die von ihm propagierten Lehren und Rituale schon als Ganzes von einer Hexengruppe, in welche er eingeweiht sein wollte, wie es die meisten VertreterInnen der Hexenbewegung selbst glauben? An dieser Frage hängt für moderne Hexen einiges. Es geht darum, ob das Hexentum, wie es die Hexen selbst gern glauben machen, die älteste Religion der Menschheit ist, oder ob es, wie es die Religionswissenschaft wahrnimmt, von den mitgliederstarken Religionen die jüngste ist.

Der Wicca-Bewegung, dem Herkunfts- oder zumindest Durchgangsort des modernen Hexentums, ihrer Geschichte, ihren Lehren und Praktiken soll im Folgenden nachgegangen werden. Dabei soll die Wahrnehmung der Befürworter wie der Kritiker gleichermassen Berücksichtigung finden sowie auf religionswissenschaftliche Erkenntnisse zu Gardners Quellen eingegangen werden. Weiters wird insbesondere die Frage interessieren, weshalb die Wicca-Bewegung zur Zeit auf grosse öffentliche Resonanz stösst: Bricht da nach Jahrtausenden der Ueberfremdung die Urreligion der Urmütter und -väter mt der Kraft ihrer Ursprünglichkeit wieder durch oder ist hier eine neue Religion genau deshalb erfolgreich, weil sie eben neu und damit ihrer Zeit maximal angepasst ist? Wenn es auch nicht gelingen wird, diese Frage letztgültig zu beantworten, ist es vielleicht doch möglich, den Stand der Diskussion zusammen zu tragen und die Argumente beider Seiten zu erwägen.

Buch der Schatten und Geschichtsmythos
Das Ritual ist das entscheidende Element der Wicca-Bewegung. Ihre Tradition, die sie selbst für uralt hält, besteht fast ausschliesslich aus Ritualvorlagen, die von Gardner und seinen Getreuen aus der Freimaurerei und diversen okkulten Traditionen, insbesondere aus den Ritualen des Order of Golden Dawn, zusammengestellt wurden. Da diese Rituale nun uralt sein sollen, stellt sich die Frage der Ueberlieferung. Gardner hätte sich auf mündliche Ueberleiferung berufen können. Aber Gardner war (siehe Teil 1) offenbar schon vor seiner Wicca-Idee vom Wunsch beseelt, ein magisches Buch zu verfassen. So kam Gardner auf die Idee vom "Book of Shadows", dem "Buch der Schatten" (die Herkunft des Namens ist nicht geklärt). Ein solches solle, so Gardner, jede Hexe führen, indem sie darin die Rituale ihres Covens einträgt, aber diese durchaus auch weiter entwickeln und durch neue Rituale ergänzen darf. Das Book of Shadows ist also eine Art Heilige Schrift, an welcher aktiv mitgearbeitet werden kann. Nach dem Tod einer Hexe sei es Aufgabe der Angehörigen ihres Covens, das Buch der Schatten der Verstorbenen zu vernichten. Dies sei denn auch der Grund, weshalb keine Bücher der Schatten aus vergangenen Jahrhunderten erhalten geblieben seien.

Die Idee einer Heiligen Schrift im Eigenbau ist für viele ChristInnen, die ihre Bibel mancherorts ganz gerne korrigieren möchten, und generell für den modernen Menschen, der religiöse Traditionen an seine Bedürfnisse adaptieren will, ein Erfolgsrezept. Insofern wird die Idee vom Buch der Schatten für den Erfolg der Wicca-Bewegung durchaus mitverantwortlich sein.

Für die Plausibilität der von Gardner behaupteten Geschichte der Hexenbewegung erweist sich das Buch der Schatten aber als fatal:
- Wenn eine Ueberlieferung bloss durch ein Buch geschieht, welches von jeder abschreibenden Person verändert werden darf, so wird sich der Text alle paar Generationen völlig ersetzen. Dass irgendein Satz des Buches der Schatten, wie es sich zur Zeit Gardners präsentiert, auf vorchristliche Zeit zurückgeht, ist so ziemlich unwahrscheinlich. Und falls es solche Sätze noch gäbe, wäre völlig unklar, welche dies denn wären. Die Behauptung des hohen Alters der Wicca-Rituale führt sich durch die von Gardner gewählte Theorie der Ueberlieferung selbst ad absurdum.
- Die Bücher der Schatten müssen in sehr grosser Zahl existiert haben, wenn, wie viele Wicca-VertreterInnen behaupten, die Menschen, die den frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen zu Opfer fielen, tatsächlich alle oder doch zum grossen Teil Wiccas waren. Es ist, je nachdem, wie hoch man die Zahl der Opfer schätzt, von zehntausenden oder hunderttausenden (nach der Schätzung mancher Wicca-Vertreter selbst gar von Millionen) Bücher der Schatten auszugehen. Da scheint es völlig ausgeschlossen, dass nicht ein Expemlar den Verfolgern in die Hände gefallen sein soll. Auch wenn die Vernichtung durch den Coven meist funktioniert haben sollte, lückenlos können Schriften mit einer derart hohen Auflage nicht verborgen werden (zu bedenken ist z.B., dass den heidnischen Christenverfolgern zahllose christliche Schriften in die Hände fielen, obwohl auch diese zu vernichten gewesen wären - und bestimmt versteckt aufbewahrt wurden). Heute wird es nur zu oft vorkommen, dass ein Buch der Schatten Erben in die Hände fällt, die mit der Wicca-Bewegung nicht verbunden sind. Warum sollte das früher anders gewesen sein? Aber auch wenn man dies noch glauben will - gänzlich unmöglich scheint, dass nie ein Buch der Schatten (von angeblich Millionen!) in Häusern und im Gelände verloren oder z.B. in einstürzenden Bauten begraben wurde und in der heutigen Zeit wieder aufgefunden würde.
- Eigenartig auch, dass trotz der zu Zeiten mit ihrem Besitz verbundenen Risiken und der zweifellos viel geringeren Auflage durchaus zahlreiche Zauberbücher, sog. Grimoarien, überliefert sind (die die traditionelle westliche Magie mit ihrem Engel- und Geisterglauben wiederspiegeln, sich als christlich wahrnehmen und keinerlei Bezug zu heidnischen Gottheiten noch zu spezifischen Ritualen der Wicca-Bewegung aufweisen. Die Grimoarien können also nicht die Bücher der Schatten sein). Die Ueberlieferung der Grimoarien zeigt, dass auch für risikoreiche Schriften die Regel gilt: Bücher, die in einer nennenswerten Auflage existierten, hinterlassen immer Spuren. Spurlos verschwundene Bücher haben nie existiert.

Zusammenfassend erhellt sich allein aus dem Thema des Buches der Schatten die Problematik des Geschichtsmythos, der die Wicca-Bewegung vertritt: Um modern sein zu können, muss sie Ueberlieferung de facto ablehnen. Um als uralt gelten zu können, muss sie Ueberlieferung behaupten. Und um eine nicht vorhandene Ueberlieferung behaupten zu können, muss sie zu letztlich absurden Behauptungen greifen, die der Plausibilität der Wicca-Bewegung nicht gut tun.

Wicca-Theologie
Auch wenn die Wicca-Bewegung fast ausschliesslich vom Ritual lebt, kennt sie doch eine Theologie, denn das rituelle Handeln der Wicca-Bewegung ist nicht nur auf magische Zwecke im Hier und Jetzt, sondern auch auf höhere Wesenheiten ausgerichtet. Hierbei postuliert die Wicca-Bewegung im Anschluss an Theorien aus dem 19. Jahrhundert eine Urreligion, die aus der Verehrung einer Göttin und eines Gottes bestanden hätte. Diese Gottheiten seien dann in den einzelnen Völkern zum Polytheismus weiter ausdifferenziert worden. Im Grunde würden aber alle Göttinnen die eine Göttin, alle Götter den einen Gott bedeuten.

Diese Sichtweise widerspricht den Erkenntnissen der Religionswissenschaft, die zeigen, dass sich polytheistische Systeme als solche aus dynamistischen Systemen (die mit unpersönlichen Naturmächten rechnen) herausentwickeln. Es gibt keinen Hinweis auf eine Phase eines Urdualismus eines Gottes und einer Göttin.

Göttin und Gott - ersterer kommt ein Vorrang zu - werden nun im Sinne einer Fruchtbarkeitsreligion gefasst: Das Ergehen von Gott und Göttin entspricht dem Kreislauf der Natur. Der Tod des Gottes und seine Auferstehung parallelisiert mit dem Tod der Natur und ihrer Wiederbelebung. Mit dieser These bezieht sich die Wicca-Bewegung auf vorderorientalische Mythen. Die griechische Religion etwa fasst die Sache umgekehrt: Hier ist es die Göttin (Persephone), die stirbt (in den Hades zieht) und wieder aufersteht. Wie sich dies aus dem Umgekehrten entwickelt haben sollte, ist völlig schleierhaft.

Die Göttin wird nun von der Wicca-Bewegung nicht nur als Fruchtbarkeits- sondern auch als Mondgöttin identifiziert - manche Experten sehen im Wicca-Kult deshalb einen eigentlichen Mond-Kult. Fürs Ritual ist aber das Element der Fruchtbarkeit entscheidender. Wicca ist, wenn schon schwergewichtig eines der beiden, dann Fruchtbarkeitskult.

Fruchtbarkeit und Mond werden nun in eins gesetzt anhand des weiblichen Zyklus - eine Idee, die in alternativer Religiosität der letzten zweihundert Jahre immer mal wieder auftaucht. Tatsächlich findet sich solches in alten Kulturen kaum. Der Mond ist mindestens ebenso häufig männlich wie weiblich - so ja auch im Deutschen: Es finden sich unter den Kulturen, die Sonne und Mond den verschiedenen Geschlechtern zuteilen, beide Verteilungen in rund gleicher Anzahl. Diejenigen Kulturen, die Sonne und Mond das gleiche Geschlecht geben (Aegypten z.B. oder die arabische Religion) bevorzugen meist zwei Männer gegenüber zwei Frauen. Die Verbindung zwischen weiblichem Zyklus und Mond scheint der Hälfte der Menschheit nicht aufgefallen zu sein. Der Grund ist nahe liegend: In traditioneller und antiker Kultur haben Frauen, die Kinder bekommen können, kaum Gelegenheit, über längere Zeit ihren Zyklus zu studieren (dieser Gedanke ist ja unlängst wieder betont worden im Zusammenhang mit neuen Verhütungsmitteln, die den Zyklus unterdrücken sollen). Und diejenigen Frauen, die ihren Zyklus beobachten können, sind eben gerade kein Abbild von Fruchtbarkeit. Erst durch das Hinaufsetzen des Heiratsalters, das frühere Einsetzen der Pubertät und die Möglichkeiten der Verhütung wird der Monatszyklus ein für jede Frau beobachtbares Phänomen.

Wie dem auch sei: Wie sich eine ursprüngliche Verteilung Mond-Frau und Sonne-Mann unter Voraussetzung eines bewussten Zusammenhangs mit dem weiblichen Zyklus in ihr Gegenteil verkehrt haben sollte, dies bleibt offen. Interessant auch, dass die Verteilung, die die Wicca-Bewegung vornimmt, der klassisch-antiken Tradition entstammt. Die keltischen und germanischen Religionen, auf welche sich die Wicca-Bewegung sonst so gerne beruft, sind hier uneinheitlich oder gar gegensätzlich.

Für die Wicca-Bewegung ist der Link Fruchtbarkeit-Mond wichtig. Beides muss die Göttin leisten. In den Kulturen der Welt ist auch dieser Zusammenhang gar nicht zwingend. So hat die fruchtbarkeitsspendende ägyptische Hathor mit dem Mond Jah nicht das Geringste gemein. Ebenso ist die akkadische Ishtar keinesfalls Ausdruck des Mondes, welcher durch Nannar-Sin repräsentiert wird. Jede antike Hathor-Vereherin, jede Ishtar-Priesterin hätte sich dagegen gewehrt, dass ihre Göttin der Mond sei. Von der Wicca-Bewegung hingegen werden Hathor und Ishtar ohne weiteres mit der Wicca-Mondgöttin identisch erklärt.

Für alle diese Differenzen kann die Wicca-Bewegung infolge ihres Dogmas von der Ur-Mond-und-Fruchtbarkeitsgöttin kein Verständnis haben. Sie nimmt raus, was in ihr Schema passt, und lässt alles Widersprechende beiseite. Dieses Vorgehen mag vieles sein, eines ist es bestimmt nicht: Ein Ernstnehmen der vorchristlich-heidnischen Religionen. Diese müssen vielmehr als Steinbruch herhalten, der je nach Belieben ausgebeutet wird. Der Vorwurf, den die Wiccabewegung bezüglich der Feste - meist zu Unrecht - dem Christentum macht, ist ihr selbst gegenüber bezüglich des Umgangs mit heidnischer Mythologie auf jeden Fall zu erheben.

Die Identifikation der Wicca-Gottheiten mit allen möglichen Gottheiten aus polytheistischen Systemen ebnet nicht nur diese ein, sie führt auch zu einer auffälligen Flachheit des entstehenden Konstrukts. Die Wicca-Gottheiten sind - mit Ausnahme der Geschichte von Tod und Auferstehung des Gottes - praktisch mythenfrei. Es gibt nichts von ihnen zu berichten. Sie scheinen reichlich inaktiv. Verantwortlich hierfür ist sicher auch eine pantheisierende Tendenz der Wicca-Theologie. Göttin und Gott sind überall, in den Naturkräften, aber auch im einzelnen Menschen. Einem voll ausgebildeten Pantheismus steht aber die Dualität der Wicca-Gottheiten entgegen. Wirklich pantheistisch kann nur ein Gott gedacht werden, bei zweien wirds schwierig.

Gott und Göttin im Ritual - Die Jahresfeste
Neben dem Naturkreislauf finden Gott und Göttin ihr Aufgabenfeld darin, in Wicca-Ritualen in Hohepriesterin und Hohepriester einzugehen. Die Mond-Göttin wird in die Hohepriesterin "herabgezogen", so stellt es eines der wichtigsten Elemente der Wicca-Liturgie, das "Drawing down the moon", vor. Die Göttin spricht nun aus dem Mund der Hohepriesterin, allerdings verkündet sie nicht im Sinne eines Channelings Ewiges und Neues aus der Geistigen Welt, sondern spricht einen liturgisch vorgegebenen Text, the Charge of the Goddess, in welchem sie sich als Verkörperung wichtiger Gottheiten aus polytheistischen Systemen vorstellt.

Die Vorstellung des Eingehens der Göttin in die Hohepriesterin und des Gottes in den Hohepriester ist die Basis des rituellen Nachvollzugs des Jahreslaufes in den Jahresfesten. Der Gedanke traditionaler Kulturen, dass das kultische Handeln des Menschen den Göttern erst die Macht verleiht, den Kreislauf der Natur aufrecht zu erhalten, findet in der Wicca-Theologie keine Entsprechung. Die Vorstellung ist vielmehr ähnlich der des zwinglianischen Abendmahlsverständnisses: ein symbolischer Nachvollzug.

Ueblicherweise werden in der Wicca-Bewegung acht Jahresfeste gefeiert, die aber von unterschiedlicher Wichtigkeit sind. Höchste Bedeutung haben die beiden Feste Walpurgisnacht am 30. April und Halloween am 31. Oktober, die aber meist nicht so, sondern mit den irischen Namen Beltane und Samhain bezeichnet werden (letzteres wird verschieden ausgesprochen, je nach dem, ob eine irische, schottische oder walisische Aussprache gewählt wird, z.B. sawiin). Bei diesen beiden grossen Festen wird üblicherweise der "Great Rite", der Grosse Ritus gefeiert, die sexuelle Vereinigung von Göttin und Gott. Der Grosse Ritus kann entweder real vollzogen werden, durch Geschlechtsverkehr von Hohepriesterin und Hohepriester, oder symbolisch, durch Vereinigung von Dolch und Kelch.

Durch die Benennung "Grosser Ritus" wird deutlich: Zentraler Ritus der Wicca-Bewegung ist - wenn auch wohl meist symbolisch vollzogener - Geschlechtsverkehr, während im Christentum z.B. der zentrale Ritus eine Form der Nahrungsaufnahme ist. Es zeigt sich hier deutlich der Rang der Wicca-Bewegung als Fruchtbarkeitsreligion, und sicher auch ein Motiv für den Erfolg in unserer Zeit.

Zusammen mit Beltane und Samhain bilden die Feste Imbolc (2. Februar) und Lammas (2. August) den Kreis der vier grossen Jahresfeste, auch grosse Sabbate genannt. Zu den grossen Sabbaten treten als sog. kleine Sabbate die zwei Sonnenwenden und die zwei Tag-und-Nachtgleichen hinzu, die auch Ostara (Frühling), Litha (Sommersonnwende), Mabon (Herbst) und Jul (Wintersonnwende) genannt werden.

Die Jahresfeste - urheidnische Feiern?
Manche der Jahresfeste entsprechen christlichen Festterminen und nehmen deren Brauchtum auf, wobei Wicca-Vertreter glauben, dass es genau umgekehrt sei: Das Christentum habe ursprünglich heidnische Festtermine und deren Brauchtum übernommen. Diese Behauptungen halten aber einer Ueberprüfung nicht stand:

- Ostara: Bezeichnend sind die Vorgänge um die vermeintliche germanische Frühlingsgöttin Ostara und ihr Fest. Ostara beruht auf einem Missverständnis des englischen Kirchenvaters Beda Venerabilis, der aus Zeit- und Festbezeichnungen allerlei nichtexistierende heidnische Gottheiten gefolgert hat. Von Bedas spekulativen Gottheiten sind die meisten heute zu Recht vergessen, bloss Ostara erhielt höhere Weihen, weil der deutsche Sprachforscher Jacob Grimm die Theorie zur Erklärung der Etymologie des Wortes Ostern übernahm. Von da gelangte Ostara in manche germanistischen Werke und in das Standartrepertoire von Kreuzworträtseln. Es gibt aber keinerlei wie auch immer geartete Hinweise darauf, dass je eine Göttin Ostara verehrt worden wäre, kein Bild, kein Mythos, keine Inschrift, kein Zitat bei römischen Schriftstellern, nichts. Für die Erklärung des Wortes Ostern sind seither bessere Vorschläge gemacht worden, z.B. von einem germanischen Wort für "benetzen, taufen".
Dies ist denn auch die Art und Weise, wie zu Zeiten der Christianisierung Ostern gefeiert wurde: Als das grosse Tauffest. Hase und Eier sind hingegen erst seit dem 17. Jahrhundert belegt, also rund 1000 Jahre nach der Christianisierung. Das Christentum hat Ostern im germanischen Raum folglich während 1000 Jahren ohne Hasen und Eier gefeiert.
Viele Wicca-Vertreter behaupten nichts desto trotz, das Fest der heidnischen Göttin Ostara sei mit Hasen und Eiern begangen worden und das Christentum habe den Festbrauch übernommen. Manche gehen - offensichtlich auch von rudimentärstem religionsgeschichtlichem Wissen völlig unbelastet - noch weiter und behaupten, gar der Termin des Osterfestes sei vom Christentum den Heiden abgeguckt worden (wobei dieser, wie jeder aus dem Neuen Testament ersehen kann, schlicht auf dem jüdischen Passahfest beruht).
Wie man es auch dreht und wendet, die These kann nicht stimmen. Wenn es ein vorchristliches Fest mit Hasen und Eiern gegeben hätte (wobei der Brauch dann während 1000 Jahren nur in geographischen Kleinräumen überlebt haben könnte), dann wäre dieser Brauch vom Christentum nicht übernommen worden, sondern hätte erst im Rahmen zunehmender Säkularisierung der grossen christlichen Feste wieder aufgelebt. Wenn aber die Behauptung der Uebernahme heidnischen Brauchtums durch das Christentum stimmen sollte, dann müsste das germanische Frühlingsfest eine Art Tauffest gewesen sein, und das, was Wiccas heute an Ostara feiern, hätte mit dem ursprünglichen heidnischen Fest nichts zu tun. Falsch ist wohl beides. Weder übernahm das Christentum germanische Frühjahresbräuche, noch haben diese irgendwas mit heutigen Osterbräuchen, auch denen der Wicca-Bewegung, zu tun.

- Jul: Bezüglich Weihnachten präsentieren manche Wicca-Vertreter gerne eine ähnlich naive These: ursprünglich heidnisches Fest mit Baum am 25. Dezember, daraus abgeleitet christliches Fest mit Baum am 25. Dezember, daraus wiederhergestellt neuheidnisches Fest mit Baum am 25. Dezember.
Auch diese These ist von jeder Kenntnis der Geschichte des Weihnachtsbrauchtums gänzlich unbelastet. Der Termin ist zwar tatsächlich vorchristlich, aber keinesfalls keltisch oder germanisch, sondern dem Kult des Sol Invictus entnommen, einer monotheistisch verehrten nordwestsemitischen Gottheit. Der Baum hingegen hat ins Christentum erst sehr spät Eingang gefunden, im Petersdom steht ein solcher erst seit wenigen Jahrzehnten.

- Samhain / Halloween: Das Allerheiligen-Fest stellt das einzige Beispiel eines katholischen Festes dar, welches bewusst in einen fürs europäische Heidentum wichtigen Zeitraum gesetzt wurde. Das Fest als solches ergibt sich aus innerkatholischer Logik als Feier aller Heiligen, die kein eigenes Fest haben. Der Termin aber wurde in den Zeitraum heidnischer Totenfeste zum Winteranfang gelegt. So weit stimmt die Wicca-These in diesem Fall. Es gibt aber kein einheitliches vorchristliches Samhain-Fest, wie das die Wicca-Theorie behauptet, sondern eine Vielzahl von in der Gestaltung und im Termin recht unterschiedlichen Festen, die mit dem Themenkreis der im Winter hervortretenden Geister und deren Abwehr verbunden sind. Zudem haben alle diese Feste nicht viel mit dem zu tun, was die Wicca-Bewegung selbst an Samhain feiert. Obwohl die Wicca-Bewegung beansprucht, besonders treu heidnischer Tradition zu folgen, ist das amerikanische Volks-Halloween dem Sinn nach wohl der bessere Erbe heidnischer Winteranfangs-Feste als die aus der magisch-okkulten Tradition gewonnene Samhain-Feier der Wicca-Bewegung (historisch gesehen erweist sich auch das Halloween-Brauchtum im Einzelnen als jünger, als manchmal behauptet wird).

Der Geschichtsmythos der Wicca-Bewegung dient auch im Fall der Jahresfeste dazu, zu verschleiern, dass die Wicca-Bewegung eine ganz junge und synkretistische Religion ist. Um im westlichen Milieu erfolgreich zu sein, muss die Wicca-Bewegung aus den traditionellen, ursprünglich christlichen Festen das übernehmen, was allgemein beliebt ist. Da aber Anleihen aus dem Christentum resp. aus der westlich-säkularen Tradition der Vorstellung einer vorchristlichen Religion völlig zuwider laufen, müssen sie als ehemalige Uebernahmen des Christentums aus dem Heidentum dargestellt werden (auch dann, wenn die Bräuche nicht mal christlich, sondern säkular sind). Dass die meisten Wicca-VertreterInnen diese völlig unhistorischen Thesen bereitwilligst glauben, findet seinen Grund darin, dass die Selbstdefinition als urheidnisch und die moderne, gefällige Gestalt der Religion um jeden Preis verbunden bleiben müssen. Ein Verzicht auf den Geschichtsmythos würde bedeuten, entweder das eine oder das andere missen zu müssen.

Esbat - das Vollmondfest
Die regelmässige Feier eines Wicca-Covens und auch vieler Solitaires ist der Esbat, das Vollmondfest. Für dieses wird von Gardner ein liturgischer Ablauf vorgeschlagen, welcher im Einzelnen abgewandelt werden kann und auch wird, aber meist weitgehende Befolgung findet.

Die Feier beginnt mit dem Ziehen des magischen Kreises (casting the circle), eines Elementes aus der westlich-magischen Tradition (wohl orientalischer Herkunft), das sich in den Schriften der sog. Hohen Magie der frühen Neuzeit reichlich belegt findet. Der magische Kreis schafft einen sakralen Raum, er schützt vor negativen Einflüssen von aussen und verstärkt die magische Kraft des Covens.

Dann folgt das Herabrufen der Mond-Göttin, englisch "drawing down the moon", deutsch wegen des unpassenden Geschlechts des Gestirns meist "Herabrufen der Mondin" genannt. Die Göttin tritt in die Hohepriesterin ein und empfängt vom Hohepriester den "fünffachen Kuss" (auf Füsse, Knie, Geschlecht, Brüste, Mund). Der fünffache Kuss kennt Vorlagen aus der Freimaurerei.

Nun deklamiert die Hohepriesterin resp. die Göttin die "Charge", eine Selbstbeschreibung und Aufforderung zur Feier, die z.T. auf Lelands Werk "Aradia" zuruckgeht.

Nachdem nun auch der Gott in den Hohepriester eingegangen ist, beginnt der eigentliche magische Teil mit dem Kraftkegel, dem power cone. Dieser kann in einem Tanz bestehen, der bis zur Erschöpfung getanzt wird. Mit Eintreten der Erschöpfung gilt der magische Zweck als erreicht.

Weitere magische Arbeit kann folgen. Im Falle der Jahresfeste folgt hier die Liturgik des jeweiligen Festes, z.B. der Grosse Ritus.

Dann werden Wein und Kuchen gesegnet und genossen - die Wicca-Variante des Abendmahles. Manche Wicca-Vertreterinnen, die das Neue Testament sichtlich bloss von aussen kennen und bei deren Geschichtskenntnissen die Jahrhunderte offenbar ziemlich durcheinandergeraten sind, behaupten in diesem Zusammenhang, das Christentum habe das Abendmahl von den Kelten oder Germanen übernommen.

Zum Schluss werden die Götter verabschiedet und der Kreis wird wieder geschlossen.

Zelebriert wird in traditionellen Wicca-Coven "skyclad" (himmelsbekleidet), d.h. nackt. Nacktheit wird schon bei Leland dargestellt und trägt dort orgiastisch-sexuelle Züge (Leland setzt hier - vielleicht für seine viktorianische LeserInnenschaft? - landläufige Hexensabbat-Vorstellungen um). Gardner, der überzeugter Nudist ist, greift die Idee der Nacktheit auf, fasst sie aber im Sinne des Nudismus als Natürlichkeit ohne erotischen Beiklang.

Andere Wicca-Anhänger zelebrieren nur dann skyclad, wenn sie allein sind, in der Gruppe jedoch in liturgischen Gewändern, z.B. schwarzen Roben. Gruppen in schwarzen Roben, die im Gelände unterwegs sind, sind folglich meist Wicca-Coven und nicht Satanisten, wie Beobachter in diesem Fall gerne vermuten.

Initiation und Grade
Initiatorische Religionen wie die Wicca-Bewegung führen den Menschen in ein neues Sein. Initiation ist Neugeburt. Das alte Leben ist vergangen, ein neues beginnt. Sog. traditionale Religionen, auf welche sich die Wicca-Bewegung gerne beruft, kennen Initiationen vor allem als Rites de passage, als Ueberwechseln von einer Altersstufe in eine nächste. Solches hat bei der Wicca-Bewegung kaum Belang - von der Wicca-Kindertaufe "Wiccaning" mal abgesehen (bei welcher das Plagiat aus dem Christentum ausnahmsweise zugegeben wird - dafür gleich durch die Wortwahl, vgl. engl. "christening" für Taufe und Namensgebung). Die Wicca-Bewegung steht in ihrer initiatorischen Praxis entgegen eigener Behauptung nicht in der Tradition der sog. Naturreligionen, sondern in derjenigen der Mysterienkulte des Hellenismus. Hier ist die Initiation unabhängig von lebenszeitlichen Uebergängen, sie stellt vielmehr ein willentliches Ueberwechseln in eine Sphäre höheren Wissens und tieferer Einsicht dar. Dieses höhere Wissen ist verbunden mit einer neuen Zugehörigkeit zu bestimmten göttlichen Wesen. Der Mensch erscheint in seinem neuen Wissen und seiner neuen Zugehörigkeit als ein neuer. Initiation in einen Mysterienkult macht nicht aus dem Jugendlichen einen Erwachsenen, sondern aus dem Unwissenden einen Erleuchteten. Diese Vorstellung hat die spätere Interpretation der christlichen Taufe, die in ihrem Vollzug aus rituellen Waschungen des Judentums erwuchs, stark beeinflusst. Im Christentum wird die Taufe deutlich als Wiedergeburt, als Neugeburt gefasst. Der alte Mensch stirbt, ein neuer wird. Die Freimaurerei im 18. Jh. übernimmt in ihrem Initiationsritual, das die Mutter der Wicca-Initiation ist, diesen Gedanken und symbolisiert ihn mit dem Schwert, das der Initiierende dem Initianden ans Herz hält. Die Idee der Gewinnung höheren Wissens findet ihre Gestaltung in der Augenbinde, die der Initiand trägt und nach erfolgter Initiation ablegt. Beide Rituale übernimmt Gardner, der selber Freimaurer ist, aus der Freimaurerei. Die Wicca-Initiation ist also keinesfalls eine Wiederbelebung (oder gar ein Relikt) keltischer Initiationen, sondern ein Produkt mit der Ahnenkette Hellenismus - Christentum - Freimaurerei.

Unterschiedlich wird in der Wicca-Bewegung über die Zahl der Grade gedacht. Traditionelles Wicca nach Gardner und Sanders kennt drei Grade, heute werden mehrheitlich bloss zwei Grade unterschieden, der des Priesters/der Priesterin, als welches jedes initiierte Mitglied gilt, und der des Hohepriesters/der Hohepriesterin, welche von einem Hohepriesterpaar initiiert werden, gemeinsam einen Coven leiten und meist auch privat ein Paar sind.

Freiheit und Autorität
Weisungsbefugnis gegenüber Tochtercoven besteht nicht, so dass die einzelnen Coven de jure gänzlich unabhängig operieren. Die Wicca-Bewegung als Ganzes hat folglich keine hierarchische, sondern eine Netzwerk-Struktur, wie Wicca-Anhängerinnen gerne werbend betonen. Das ist allerdings genau die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte ist die Tatsache, dass das Hohepriesterpaar in ihrem Coven die unumschränkten Alleinherrscher sind - gerade weil es keine übergeordnete Struktur und damit keine Appellationsinstanz gibt. Die Netzwerkstruktur im Grossen schafft Diktaturen im Kleinen. In diesem Zusammenhang wird gerade von neuheidnischen Wicca-Kritikern auf die Möglichkeit des Missbrauchs hingewiesen, von welcher hemmungslose Hohepriester offenbar auch schon Gebrauch gemacht haben (indem eine Initiation z.B. von gewissen Leistungen zugunsten des Hohepriesters abhängig gemacht wurde. Weil der Initiation meist eine Lehrzeit vorangeht, ist ein Wechsel zu einem anderen Coven nicht ohne Zeitverlust möglich).

Wie dem auch sei, auf jeden Fall kommt dem Hohepriesterpaar im Coven die Lehrgewalt zu. Wenn die Wicca-Bewegung betont, keine verbindlichen Lehren zu kennen, so gilt dies wiederum nur auf der Ebene des übergeordneten Netzwerks. Jeder Coven ist frei zu lehren, was ihm beliebt. Innerhalb eines Covens muss aber die Lehrautorität des Hohepriesterpaars akzeptiert werden. Die meisten Wicca-ApologetInnen, die grossmehrheitlich selbst HohepriesterInnen sind, verteidigen diese Struktur, z.B. mit dem in jeder Sekte zu hörenden Argument, dass eine Uebereinstimmung der Glaubensvorstellungen für ein Gelingen gemeinschaftlicher Projekte notwendig sei. Der Liberalismus der Wicca-Bewegung, der in der Werbung gern hervorgehoben und von Aussenstehenden oft übernommen wird, gilt also nur für HohepriesterInnen und Solitaires.

Wicca-Ethik
Wicca-VertreterInnen ist es meist ausgesprochen wichtig, als ethisch zu gelten. Die meisten Wiccas grenzen sich deutlich gegen sich selbst "schwarze Hexen" oder "satanische Hexen" nennende Personen ab, welche Wicca-Gedankengut mit Satanismus verbinden. Schwarze Magie, d.h. Schadenszauber ist bei Wicca-Vertretern verpönt.

Die Ethik der Wicca-Bewegung wird zusammengefasst in einer Ergänzung des crowleyanischen Mottos vom Willen: Wenn es niemandem schadet, tue was du willst.

Die gute Absicht sei hierbei niemandem abgesprochen, doch die Anwendung des Satzes von der Vermeidung von Schaden an anderen geschieht in der Wicca-Literatur oft reichlich naiv. Als Beispiel sei eine der Wicca-Vordenkerinnen, Silver RavenWolf zitiert, mit ihrem Werk "Freche Hexen", welches junge Menschen für die Wicca-Bewegung begeistern will (und z.B. eine Anleitung für eine Selbstinitiation gibt). Hier schlägt RavenWolf einen Notenzauber vor, bei welchem die junge Hexe ihren magischen Willen, in der Schule in Zukunft gute Noten zu machen, auf ein Blatt Papier fixiert, und diese Affirmation beschliesst mit den Worten. "Damit schade ich niemandem." RavenWolf hat offenbar noch nie was von Klassenschnitt gehört. Selbstverständlich würde die junge Hexe mit ihren magisch guten Noten die Noten aller Klassenkameraden drücken, und damit nicht niemandem schaden, sondern allen ausser sich selbst. Man könnte noch weiter denken: Wegen der aus magischem Grund guten Noten der Hexe erhält die Lehrperson das Gefühl, dass der Stoff grundsätzlich gut zu verstehen war und übersieht eigene Fehler in der Vermittlung. Damit wird auch der Lehrperson geschadet. Usw. Es gibt keine Magie, die wirklich niemandem schadet, genauso wie es kein wirklich sündloses Leben geben kann.

Als Bewegung, die eine besonders natur- und menschenfreundliche Religion repräsentieren will, könnte die sich Wicca-Bewegung für ein ausgeprägtes ökologisches und soziales Engagement stark machen. Tatsächlich fanden in früheren Jahren im englischen Sprachraum auch Menschen zur Bewegung, welche in diesem Sinne stark aktiv waren. In der gegenwärtigen Wicca-Literatur spielt das Thema - wenn ich recht sehe - aber kaum eine Rolle. Hier geht es eher um das Leben einer gefälligen Spiritualität und, vor allem, um die Hoffnung einer Verbesserung der Lebensqualität durch Magie. Dementsprechend weisen Kritiker der Wicca-Bewegung darauf hin, dass sich der/die durchschnittliche Wicca-VertreterIn nicht durch ein überdurchschnittliches ökologisches Handeln auszeichnet. Dass eine Sache vergöttlicht wird, heisst nicht zwingend, dass sie auch geschützt wird. Die Vergöttlichung kann auch zur Einstellung führen, dass das Vergöttlichte aufgrund seiner göttlichen Macht ganz gut in der Lage ist, sich bei Bedarf selbst zu schützen. Vielleicht ist der Zusammenhang aber auch simpler: Wer sich in einer Sache eh zu den Gutmenschen zählt, ist immer in Gefahr, theoretisch bejahte Ideale in der Praxis nicht umzusetzen. Wie dem auch sei, durch die genannten Beobachtungen von Kritikern verstärkt sich der Eindruck, dass die Wicca-Bewegung gerade in ihrer gegenwärtigen Entwicklung in Gefahr sein könnte, schon vorhandenen Tendenzen zur reinen Lust-und-Fun-Religion ohne weitergehenden Anspruch gänzlich zu erliegen.

Georg Otto Schmid, 2003
Letzte Aenderung 2004, © gos 2003, Infostelle 2000
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